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Erinnerungen an die Okkupation in Griechenland

Konzentrationslager Chaidari

Block 15, KZ Chaidari . Photo: Anna Maria Droumpouki

Block 15, KZ Chaidari . Photo: Anna Maria Droumpouki

Konzentrationslager Chaidari, Athen

Das KZ Chaidari liegt neun Kilometer westlich der Hauptstadt Athen. Nach der italienischen Kapitulation übernahm die SD am 10. September 1943 die ehemaligen Kasernen zur „Konzentration“ Verdächtiger, die im Zusammenhang mit Widerstandsaktionen oder Razzien verhaftet worden waren. Ferner war Chaidari Durchgangsstation für Tausende Juden, die von dort aus nach Auschwitz deportiert wurden.

Erster Lagerkommandant war Sturmbannführer Paul Radomski – ein „alter Schläger“ aus der Kampfzeit der NSDAP, der sogar in seiner SS-Personalakte als „primitiv in seinem ganzen Denken und Handeln“ vermerkt war. Unterernährung, Zwangsarbeit, Folterungen und willkürliche Liquidierungen waren unter seiner Rigide an der Tagesordnung. Auch auf Grund der bestialischen Folterungen wurde das Lager als „Herz der Hölle“ und „Bastille von Griechenland“ bezeichnet. Bis zur Schließung des Lagers im September 1944 waren zwischen 20.000 und 25.000 Menschen inhaftiert worden. Viele der Häftlinge, die oft wahllos bei Razzien der Sicherheitsbataillone aufgegriffen worden waren und vor ihrer Überführung nach Chaidari der Folter und den Verhören der Gestapo in der Merlin- oder Koraistraße ausgesetzt waren, wurden später in deutsche oder polnische Konzentrationslager deportiert. So wurden alleine am 25. Mai 1944 850 Männer ins Konzentrationslager Neuengamme und 61 Frauen ins KZ Ravensbrück gebracht.



New York Times, Januar 1944

New York Times, Januar 194

Nach dem Krieg wurde Chaidari für die Linke ein Symbol des Leids und des Widerstands während der Okkupation. Dies war auch ein Grund für die konservativen Regierungen der Nachkriegszeit, das Lager weiterhin militärisch zu nutzen und der Öffentlichkeit den Zugang zu verweigern. Erst seit 1982 finden dort Gedenkveranstaltungen statt, doch nur ein kleiner Teil des Geländes (Block 15) wurde 1984 dank des Engagements der Kulturministerin Melina Merkouri als Kulturerbe anerkannt. Auch heute kann man vom Lager nur Block 15 besuchen. Dieser Block und eine aus Stacheldraht aufblühende Mohnblume sind zum Symbol von Chaidari geworden. Charakteristisch für den paradoxen Umgang mit dem Lager ist die einerseits symbolische Aufwertung des Ortes als Gedenkstätte, andererseits die Verwahrlosung eben jener und die andauernde militärische Nutzung des Lagers.

Gelingt es einem nach oft langem Antragsprozess den Block zu besuchen, so liest man auf einer Marmortafel: „Gedenkstätte für die Opfer und Leiden der Kämpfer im nationalen Widerstand. Bastion im Kampf um die Freiheit“. Die ebenfalls dort inhaftierten 4.468 Juden finden keine Erwähnung. Die Pläne des Stadtrates, das Militärlager in eine Gedenkstätte umzuwandeln, sowie ein Archiv und ein Dokumentationszentrum mit zugehörigem Museum zu errichten, werden ignoriert.